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Richtig beraten: Farbe und Stil

Im Einzelhandel tut sich was: Alle schreiben Service groß – endlich. Doch wer den Worten auch Taten folgen lassen will, sollte seinen Kunden mehr bieten als ein lauwarmes Käffchen und trockene Kekse. Gerade im Modegeschäft ist Beratungskompetenz gefragt. Nur ist die scheinbar Mangelware. Denn immer mehr weibliche und mittlerweile auch männliche Kunden lassen sich von unabhängigen Farb- und Stilberatern erklären, wo es modisch langgeht. Und wenn dann die aufgeklärte Kundschaft im kommenden Herbst mit einem Farbenpass im Geschäft steht und sagt: „Ich bin ein Frühlingstyp“, ist die große Frage auf der anderen Seite des Ladentresens: „Was nun?“

Die Frage nach der richtigen Farbe

Angelika Klein, Modedesignerin und Stilberaterin aus Köln, rät: „Ruhe bewahren! Haben Sie keine Angst, dass Sie weniger verkaufen. Lassen Sie sich von den Kunden erzählen, welche Farben zu deren Farbtyp gehören.“ Den Farbenpass sollten Sie zum Anlass nehmen und damit die geeigneten Kleidungsstücke aussuchen. Wenn man nicht 100prozentig das auf der Stange hat, was der Pass vorgibt, können Sie den Kunden sagen, dass es darum geht, was man in Gesichtsnähe trägt. Was als Blazer oder im Unterkörperbereich gewählt wird, kann abweichen. Es kann sogar einen besonderen Reiz ausmachen, wenn sich Gegensätzliches trifft. Noch einen Effekt haben die richtigen Farben am richtigen Ort: Der Blick wird ins Gesicht gelenkt, und niemand guckt mehr auf die Problemzonen. Beratungskompetenz heißt übrigens auch, sein Gegenüber nach den persönlichen Lieblingsfarben zu fragen, also: „Was haben Sie im Kleiderschrank, womit fühlen Sie sich wohl?“ Die Kunden spüren Interesse an ihrer Person und fühlen sich schon allein deshalb gut aufgehoben. An einigen Beispielen erklärt die Kölner Stilberaterin, worauf Sie besonders achten sollten: „Wenn zarte hellhäutige Typen schwarz oder weiß tragen, werden sie davon erschlagen, dann liegt die Aufmerksamkeit nur auf der Kleidung. Bei dunkelhaarigen Typen sehen Kontraste dagegen besonders gut aus. Grundsätzlich gilt: Die Kleidung sollte eine Ergänzung der Persönlichkeit darstellen – sonst bekommt man nur das Kompliment für das Kleidungsstück.“ Doch das schönste Kompliment ist immer noch „Du siehst gut aus.“ – und damit ist die Gesamterscheinung gemeint. Wenn, wie in der kommenden Saison, die Mode ziemlich dunkel wird, mit Brauntönen, Kupfer, Schwarz und Beerenfarben, empfehlen Sie Ihren Kunden, das Gesamtbild mit frischen Accessoires zu ergänzen, beispielsweise mit etwas, was glitzert: Ketten, Gürtel und Tücher. Auch die richtige Kosmetik – ein frischer Lippenstift und ein bisschen Farbe – kann hier den letzten Kick geben. Für die Männer, die eher durch Konventionen geprägt sind, was Farben angeht, und im übrigen weniger experimentierfreudig, bietet die Farb- und Stilberatung oft den Schlüssel zu einer völlig neuen, vielseitigeren Modewelt. Sie entdecken statt der drei bis vier üblichen auf einmal ganz neue Farben für sich, denn bis zu 30 Nuancen passen in das Farbspektrum einer Jahreszeit (siehe „Stichwort“).

Die Frage nach dem richtigen Stil

Nie war die Auswahl in den Regalen und an den Kleiderständern so groß wie heute. Fast alles ist erlaubt, wenn man den einschlägigen Modeblättern glaubt. Doch bei vielen Kunden führt das meistens zu mehr Verunsicherung denn je. Womit wir wieder beim Thema „Beratungskompetenz“ wären. Wichtig ist, dass Sie nicht nur auf den richtigen Schnitt, sondern auch auf das richtige Material achten. Angelika Klein empfiehlt, die Wahl hier zunächst abhängig zu machen von der Größe einer Person. Wenn jemand groß ist und eine gute Figur hat, kann er auch gröbere Materialien tragen. Kleine und gedrungene Menschen sollten auf zu schwere Materialien verzichten, weil das noch kompakter macht. Materialien, die fließender sind und weicher fallen, schmeicheln der kleinen Figur. Außerdem: Alles was optisch streckt, ist hilfreich – wenn man die äußere Hülle uni wählt, betont das die Länge. Ausschnitte und Kragenformen sollten ebenfalls Längsoptik haben. Korpulente Menschen kennen den Spruch, dass senkrechte Linien strecken und Querstreifen dick machen. Aus diesem Grund sollten solche Menschen allerdings auch starke farbliche Unterbrechungen vermeiden – eine Kombination aus dunklem Blazer, heller Hose und dunkler Schuhe ist also tabu. Oft wird behauptet, dass dunkle Farben schlanker machen, während helle Farben auftragen. Dunkle Farben lassen aber auch kleiner wirken. Darum können kleinere korpulentere Typen durchaus hellere Farben tragen, was, wenn es durchgängig ist, größer macht. Bei Jackenlängen aufpassen! Zu lange Jacken wirken bei kleinen korpulenten Personen erdrückend. Die Problemzonen dürfen schon kaschiert werden, aber nicht bis sonst wo hin. Es sollte kein Problem sein, wenn Sie Kurzgrößen nicht im Angebot haben: Empfehlen Sie, die Jacke kürzen zu lassen – und demonstrieren Sie es an der Kundin, indem Sie den Saum umklappen oder den Ärmel umschlagen; so wird sie dem Kleidungsstück gegenüber deutlich aufgeschlossener. Beim zu kaschierenden Bäuchlein gilt: Nichts reintragen, sondern darüber fließen lassen, und vor allem nicht an der Problemzone aufhören. Auf keinen Fall Glitzersteine oder Gürtel im Bauchbereich, die den Blick noch mehr auf das Problemchen lenken! Bei großer Oberweite sollten Ärmel nicht auf der Höhe der Brustspitzen enden. Ketten oder Accessoires sollten auch nicht auf Brusthöhe enden, sondern lieber kürzer oder länger gewählt werden. Den Effekt mit dem Hingucker können Sie aber auch umdrehen! Weil Accessoires den Blick auf eine bestimmte Stelle lenken, empfiehlt Angelika Klein, die Kundin zu fragen: „Was finden Sie besonders schön an sich?“ Ist das zum Beispiel das Dekollete, kann man dieses durch einen raffinierten Ausschnitt und eine schöne Kette betonen, mit einem Tuch oder auch einem Schal – und schon werden Problemzonen nebensächlich. Zu guter letzt: Was tun, wenn die Kundin eine handfeste Herbstdepression mit ins Geschäft bringt? Hier greift Angelika Klein wieder in die Trickkiste der Farbenlehre: Farben mit hohem Gelbanteil helfen gegen den Frust. Wenn das der Kundin nicht so gut steht, sollte sie entsüprechende Kleidungsstücke am Unterkörper tragen. Sie kann sich aber auch in der Wohnung damit umgeben: ein bunter Blumenstrauß und Wohnaccessoires wie Handtücher helfen immer, die Stimmung wieder aufzuhellen. Das alles erklären Sie Ihr bei einem Glas Prosecco – und der hat nicht nur die richtige Farbe!

Zur Person

Angelika Klein, 42, arbeitet seit 14 Jahren als Modedesignerin und Farbberaterin. Die Expertin, die u.a. bereits für Galerien, Museen, den Kaufhof in Köln und für das ZDF Farbberatungen durchführte, ist einem breiteren Publikum durch ihre hilfreichen Tipps in mehreren Mode- und Frauenzeitschriften bekannt. Angelika Klein bietet jedoch nicht nur Farb- und Stilberatungen an, sondern führt auch Schulungen für Menschen aus der Modebranche durch, z.B. zur Frage „Wie gehe ich mit Kundinnen um, die eine Farbberatung mitbringen?“ Zu Aktionstagen können Sie die Kölner Farbberaterin für Farbberatungen direkt in Ihrem Geschäft engagieren. Dabei bezieht sie die Ware aus den Regalen direkt ein und zeigt den Kunden, was ihnen besonders gut steht.

Stichwort: Farbberatung

Wie verfeinere ich meinen individuellen Stil? Wer immer sich diese Frage stellt, dem kann geholfen werden. Mit einer Farb- und Stilberatung, neudeutsch auch Style Coaching oder Image Consulting genannt, erfährt man, zu welchem Typ welches Makeup, welches Kostüm welche Schuhe usw. passen. Der Ursprung der Farbberatung liegt nicht in der Mode oder der Kosmetik, sondern in der Kunst. Die Farbberatung geht zurück auf den Maler und Kunsthistoriker Professor Johannes Itten (1888-1967), der die Grundfarben und deren sämtliche Mischzustände in die vier Gruppen Frühling, Sommer, Herbst und Winter gliederte. Im Frühling sind die Farben satt und klar, im Sommer pudrig und leicht. Im Herbst golden und üppig und im Winter eisig und kalt. Nach Ittens Theorie verkörpert jeder Mensch einen bestimmten Farbtyp mit ganz eigenen naturgegebenen Farbharmonien. Kleiden wir uns in Resonanz zur Farbgebung unseres Körpers, wird diese Harmonie verstärkt. Farben, die äußerlich zu uns passen, unterstreichen unsere natürliche Schönheit. Die richtige Farbschattierung der Kleidung lässt die Haut gesünder und lebendiger erscheinen. Die heutige Farbberatung wurde von Carole Jackson in den 60er Jahren entwickelt. Es entstand eine Analysemethode, die heute noch Basis für die meisten Schulen der Farb- und Stilberatung ist. Haut, Haare und Augen sind die entscheidenden Faktoren. Bei der Farbberatung werden Ihre persönlichen Farben in einem differenziertem Verfahren ermittelt, und Sie erfahren, welche Farben ihre natürliche Ausstrahlung optimal zur Geltung bringen. Sie erhalten einen Farbpass mit individueller Farbgebung, der Ihnen den Einkauf erleichtert, sowie eine Mappe mit den für Sie optimalen Farbkombinationen.

 

Cleo
So kaschieren Sie Ihre Schwachpunkte

Die perfekte Silhouette ist selten. Mit den richtigen Tricks gelingt es, die eigenen Stärken so in Szene zu setzen, dass die Schwachpunkte unsichtbar bleiben.

Problemzonen: Mit Farben lässt sich ein optischer Ausgleich der Proportionen erreichen. Helle Farben heben hervor und unterstreichen, dunkle Farben nehmen zurück. Das heißt: zum Kaschieren von Problemzonen eignen sich eher dunkle Farben. Generell gilt: von Bereichen, die sich nicht kaschieren lassen, den Blick weglenken, zum Beispiel durch auffällige Accessoires, an Körperzonen, die man mag oder durch ein schönes Detail an der Kleidung.

Große Körpergröße, grober Knochenbau: Dazu zählen Frauen, die größer als 1,70 m sind und deren Umfang des Handgelenks mehr als 16 cm beträgt. Sie sollten bevorzugt Stoffe mit gröberer Struktur und größeren Drucken tragen.

Kleine Körpergröße, feiner Knochenbau: Dazu zählen Frauen, die kleiner sind als 1,60 m und deren Umfang des Handgelenks weniger als 14 cm beträgt. Diese Frauen sollten keine zu groben Drucke oder Accessoires tragen. Eine kleine Frau sollte ihre Kleidung farblich möglichst nicht unterbrechen, da jede farbige Unterbrechung optisch verkürzt……

 

Medizin heute
Farbe bekennen

Johann Wolfgang von Goethe, Isaak Newton und Johannes Itten – sie alle hatten etwas gemein: Sie beschäftigten sich mit Farben und ihrer Wirkung.
Der Physiker Newton erforschte in Prismenversuchen die physikalischen Zusammenhänge des Lichts und fand heraus, dass Licht das komplette Farbspektrum von Rot bis Violett enthält.
Der sprachliche Genius Goethe erkannte die Ableitbarkeit sämtlicher Farben aus den drei Primärfarben Rot, Blau und Gelb und begründete damit die Farbenlehre. Darüber hinaus interessierte er sich auch für die Wirkungsweise der unterschiedlichen Farben auf die Psyche…..

 

impulse

Erst mal gucken und dann


Frauen gründen zaghafter als Männer, sind aber genauso erfolgreich
Vormittags hat Angelika Klein unterrichtet, nachmittags Mode entworfen. Die Lehrerin war Unternehmerin im Nebenberuf. Bis sie sich mit Anfang 30 für ein Jahr beurlauben ließ: um auszutesten, ob sie von ihrem Nebenerwerb leben kann.
Es ist kein untypischer Weg für eine Unternehmerin. Wie eine Studie der KfW Bankengruppe zeigt, stürzen sich Frauen seltener als Männer kopfüber in die Selbstständigkeit. Zwei Drittel der Gründerinnen beginnen ihr eigenes Geschäft als Nebenerwerb.
Nur jeder zweite männliche Gründer geht diesen Weg.
Überhaupt gründen Frauen vorsichtiger:
40 Prozent kommen ohne finanzielle Mittel aus, bei den Männern sind es nur 28 Prozent. Zudem stellen Gründerinnen in der Anfangsphase seltener Mitarbeiter ein.
Ein Grund: Frauen machen sich besonders häufig mit Dienstleistungen im Bildungs- oder Gesundheitssektor selbstständig. Diese sind wenig kapital- und mitarbeiterintensiv. Die KfW-Forscher vermuten, dass die Gründerinnen bewusst Branchen auswählen, die eine reduzierte Stundenanzahl erlauben, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Obwohl Frauen mit weniger Mitarbeitern und Finanzmitteln an den Markt gehen, schneiden sie beim Kriterium Bestandsfestigkeit nicht schlechter ab als die Männer. Auch die Innovationskraft ist bei ihnen nicht weniger ausgeprägt. Frauen gründen also nicht besser oder schlechter als Männer, sondern einfach anders. Angelika Klein hat sich mittlerweile voll und ganz für die Selbstständigkeit entschieden – und ihren Beamtenstatus als Lehrerin aufgegeben. Sie schneidert weiterhin Mode und hält Vorträge über den richtigen Kleidungsstil, etwa bei Banken. Auf Mitarbeiter will sie auch in Zukunft verzichten: „Ich bleibe ein Einfrauunternehmen.“

Julia Wehmeier